Platz | Startnr. | Name, Vorname | AK-Pl. | AK | Zeit |
22 | 5271 | Guzy, Arkadius | 8 | M40 | 04:05:21 |
50 km - Arkadius in Schlesien am Start
Unter dem Motto "Twój bieg. Twóje zwycięstwo." ("Dein Lauf. Dein Sieg.") können Läufer immer am ersten Sonntag im Oktober am Silesia Marathon im Herzen des polnischen "Ruhrgebiets" teilnehmen. Im Rahmen dieser Veranstaltung fand diesen Herbst bereits der 16. Marathon, der 20. Halbmarathon und der 6. Ultramarathon statt.
Die Strecke dieses Marathons in Schlesien (lateinisch: silesia), genauer genommen in Oberschlesien, führt durch vier Städte des bedeutenden Kohle- und Erzabbaugebiets. Start und Ziel liegt in Chorzów (dt. Königshütte). Die Strecke führt über die größere Stadt Katowice (dt. Kattowitz) und zwei kleinere Städte Mysłowice (dt. Myslowitz) und Siemianowice Śląskie (dt. Siemianowitz bzw. einst auch Laurahütte), die alle eine deutsche Historie hinter sich haben.
Die Teilnahme an dieser Veranstaltung hatte immer eine emotionale Bedeutung für mich. Denn hier liegt meine zurückgelassene Heimat, hier liegen meine "oberschlesischen" Wurzeln. Dieses Jahr sollte zudem eine besondere Teilnahme folgen. Hier lief ich meinen allerersten Halbmarathon. Hier lief ich ebenso meinen allerersten Marathon. Die Zeit war nun reif für meinen ersten Ultramarathon.
Auch wenn es sich um einen "kleinen" Ultramarathon über eine Distanz von "nur" 50 Kilometern handelt, waren es am Ende nur 250 verrückte Finisher, die sich dieser Herausforderung stellten. Im Vergleich dazu haben 1851 Marathonis und 2958 Halbmarathonis das Ziel erreicht.
Startbereich war am bekannten schlesischen Stadion (Stadion Śląski) am Rande des Schlesischen Parks, einem Park der nicht nur eine sehr große Erholungsanlage ist, sondern u. a. auch einen Zoo, einen Freizeitpark, ein Planetarium und sogar die längste Flachlandseilbahn Europas bietet (https://parkslaski.pl/de/informacje).
Start des Ultramarathons war bereits um 07.30 Uhr. Es hatte zum Start hin zum Glück endlich aufgehört zu regnen, nach dem es Tage vorher durchgehend geregnet hat. Die Temperaturen waren mit unter 10 Grad sehr frisch und die Luftfeuchtigkeit bewegte sich zwischen 95 und 98%. Für die Zuschauer sicherlich eine ungemütlich nasskalte Angelegenheit, aber für die Läufer auf diesen Distanzen ein Traumwetter für gute Leistungen. Die Teilnehmer des Ultramarathons mussten zunächst zwei identische Runden (ca. je 4 km) im Park laufen, ehe die Strecke sich dann mit der Marathonstrecke vereinigt hatte. Da der Start des Marathons um 8.00 bzw. 8.05 Uhr erfolgte, lief ich beim Herauslaufen aus dem Park bei etwa Kilometer 10 auf die letzten Marathonläufer auf. Es ging dann durch die breiten Straßen von Kattowitz, so dass es kein großes Problem war das langsamere Feld zügig zu überholen. Die Strecke führte im Zentrum vorbei an der Mehrzweckhalle "Spodek" (dt. Untertasse) aus dem Jahr 1971, die an ein Ufo erinnert. Hier spielte beispielsweise die deutsche Handballnationalmannschaft der Männer mehrere Spiele während der WM im letzten Jahr. Grüße an dieser Stelle an unseren Handball-Fan Jörg, dem die fliegende Untertasse aus den Fernsehübertragungen vielleicht bekannt sein dürfte ;-)
Es ging kurz danach vorbei am schlesischen Museum mit seinem Förderturm als kleiner Hingucker. Irgendwann verließ man den innerstädtischen Abschnitt und lief eine Weile durch einen weiteren Park, ehe es überwiegend etwas unspektakulär wurde. Ein Highlight war später das Durchqueren der historischen Bergarbeitersiedlung Nikiszowiec (dt. Nickischschacht) mit seinen Wohngebäuden aus Backstein, die heute sehr gut erhalten sind und gerne bewohnt werden. Für ein kleines emotionales Highlight sorgte meine 86-jährige Oma, die mich im Zentrum von Siemianowitz spontan angefeuert hatte. Trotz eingeschränkter öffentlicher Verkehrsmittel an diesem Tag, nahm sie alle Mühen auf sich, um an die Strecke zu kommen und wartete dort schon knapp zwei Stunden, um ihren Enkel bloß nicht zu verpassen. Ich brüllte meine Freude schon vom Weiten aus als ich sie sah und ich wollte eigentlich auch kurz anhalten, doch meine Oma gab mir mit Handzeichen und verbal zu verstehen, ich solle weiter Gas geben. Es war ein Moment für die Ewigkeit, den ich nie vergessen werde! Für die letzten 7 Kilometer gab mir das noch mal einen richtigen Kick! Und das war auch nötig, des es folgte ein langgezogener Anstieg über 4 Kilometer, der noch mal alles abverlangt hatte. Am Ende des Anstieges ging es vom Norden aus zurück in den Schlesischen Park. Es ging jetzt zwar fast nur bergab in Richtung Stadion, aber es fühlte sich nach 47 Kilometern irgendwie nicht so an als würde man runterlaufen. Und dann war es soweit. Es ging durch einen Tunnel ins Stadion auf die blaue Laufbahn. Auf jener Laufbahn, auf der sechs Wochen zuvor Jakob Ingebrigtsen seinen Weltrekord über 3000 m beim Diamond League Meeting aufstellte. Es hieß für mich noch eine dreiviertel Runde im Stadion zu absolvieren. Es war wieder einmal ein Gänsehautmoment. Die Akustik ist grandios und fühlt sich an, als wäre das ganze Stadion voller Zuschauer. Ich drosselte mein Tempo, um so viel wie möglich von der Atmosphäre aufzusaugen.
Sportlich war es ein voller Erfolg!
Der Fleiß der vielen langen, langsamen Läufe und der spezifischen Läufe in der 5er Pace hatte sich gelohnt. Denn mein sportliches Ziel war diese Distanz in einer 5:00er Pace zu finishen und eine Zielzeit von 4 Stunden und 10 Minuten zu erreichen.
Dank der guten Bedingungen konnte ich zu meiner Freude ein besseres Ergebnis erreichen. Spätestens bei der Marathondurchgangszeit von ca. 3:25 Stunden wusste ich, dass mir das gelingen wird.
Die Beine waren zwar zu, aber der Wille und die Ausdauer haben mich nicht in Stich gelassen.
Nach dem Zieleinlauf ging ich noch 5 km entlang der Strecke durch den Park zurück und es waren noch unglaublich viele Läufer unterwegs.
Da ich meine Medaille um hatte, riefen mir unzählige entgegenkommende Läufer auf dem Weg zu und gratulierten mir. So etwas hatte ich nicht erwartet und noch nie erlebt. Aber es war ein schönes Gefühl.
So ließ sich der lange Weg zu meiner Cousine, die auf mich schon mit einem warmen, herzhaften Mittagessen inkl. schlesischen Klößen wartete, leichter bewältigen.
Es war wieder ein einzigartiges Erlebnis, welches Lust auf viele Weitere macht!