Paavo Nurmi Marathon

 

17.08.2024

Marathon

 

Arkadius läuft in Finnland (Turku)

 

Nach dem Lauferlebnis im "westfälischen Paris", führte mich das nächste Laufabenteuer nach Turku, das oft auch als "Paris Finnlands" bezeichnet wird.

 

Denn "Varför Paris, vi har ju Åbo", soll ein bekannter finnischer Satz in Kulturkreisen lauten, und so viel bedeuten wie: "Warum Paris, wir haben ja Turku." Finnlands älteste, und heute die 6. größte Stadt des Landes, blickt nicht nur auf eine spannende Geschichte unter den Herrschaften von Schweden und Russland zurück. Die ehemalige Hauptstadt an der Südwestküste Finnlands mit dem malerischen Fluss Aurajoki, welcher das Herzstück der Stadt bildet, dort wo sich Cafés und Restaurants, Museen und Galerien aneinanderreihen, ist durch einen historischen Charme, einer urbanen Szene und Kunst und Kultur geprägt.

Eine wunderbare Kulisse für den "Paavo Nurmi Marathon", der zu Ehren eines der bekanntesten Söhne der Stadt zum 33. Mal ausgetragen wurde.

 

"The Flying Finn", wie man Paavo Nurmi auch nannte, zählt zu den erfolgreichsten Olympioniken aller Zeiten. In den 1920er Jahren gewann er auf unterschiedlichen Laufdistanzen zahlreiche Goldmedaillen. Bis 1931 lief Nurmi 24 Weltrekorde. Seinen Höhepunkt hatte er - wie sollte es auch anders sein - bei den olympischen Spielen in Paris, wo er innerhalb von 4 Tagen 5 Goldmedaillen gewann.

 

Im Rahmen der diesjährigen Marathonveranstaltung fanden bereits am Vorabend Läufe über 5 und 10 Kilometer und für die Kleinsten auch Wettbewerbe über 400 und 800 Meter statt. Am späten Samstagvormittag durften dann die Marathon- und Halbmarathonteilnehmer an den Start gehen. Gestartet wurde auf Turkus großem Marktplatz in zwei Gruppen. Um 11 Uhr durften diejenigen starten, die eine Zielzeit von unter 2 Stunden beim Halbmarathon und eine Zielzeit von unter 4 Stunden beim Marathon angegeben haben. 10 Minuten später ging es für die zweite Gruppe los. Neben der Moderation auf Finnisch und Englisch wurden tatsächlich auch ein paar Sätze auf Deutsch über die Lautsprecher an die Teilnehmer getragen.

Ausgehend vom Marktplatz ging es zunächst durch die Innenstadt in Richtung des Flussufers. Man merkte bereits hier, dass es bei dem Wetter mit über 20°C und purem Sonnenschein kein einfacher Lauf sein wird. Es ging dann entlang des Ufers vorbei an interessanten Skulpturen, an kleinen Yachtanlegestellen und an einem Schiffsmuseum. Kurz danach passierte man die Burg Turku, das größte erhaltene mittelalterliche Bauwerk Finnlands, bevor es weiter durch ein unspektakuläres Hafenindustriegebiet ging. Auf diesem Streckenabschnitt knallte die Sonne gnadenlos auf den Asphalt und es kam zusätzlich ein deutlich spürbarer Gegenwind von der Ostsee auf.

Es ging dann weiter Richtung Ruissalo, einer Insel im Schärenmeer, die mit dem Festland über einer Brücke verbunden ist. Aus dem anfangs welligen Profil wurde auf dem Rückweg auf der Insel ein ziemlich anspruchsvoller Hügellauf! Aus diesem wenigstens überwiegend schattigen Abschnitt ging es zurück in die Stadt. Wieder entlang des Flussufers, diesmal aber bis zur anderen Stadtseite, dort wo der Dom von Turku, der einzigen mittelalterlichen Kathedrale Finnlands, empor ragt. Von dort aus ging es zurück zum Marktplatz, wo die Halbmarathonteilnehmer das Ziel erreichten und die Marathonteilnehmer auf die zweite, fast identische Runde gingen.

Am Ende wurden 603 Finisher beim Marathon und 1724 Finisher beim Halbmarathon gezählt - die meisten wahrscheinlich glücklich. Denn die Finnen sind laut dem World Happiness Report der UN in 2024 zum siebten Mal in Folge als glücklichste Nation bewertet worden. Grund dafür wird u. a. ein geringes Stresslevel sein. Das spiegelte sich nach meinem Empfinden auch beim Marathon wieder. Hier war keiner auf der Flucht, jeder lief entspannt, es gab keine wilden Überholaktionen. Vielleicht bezeichnend hierfür ist diese Anekdote: die schnellsten Pacemaker waren für 3:30 Std im Einsatz. Einen davon überholte ich bei Kilometer 31, einen anderen bei Kilometer 38. Und ich selbst kam knapp 3 Minuten langsamer als 3:30 Stunden ins Ziel - also weit vor den Pacemakern

Zum Sportlichen: auch dieser Lauf sollte eine Art längerer Trainingslauf werden. Angepeilt habe ich erneut eine 5er Pace. Diese Geschwindigkeit wollte ich jedoch auf der zweiten Runde aufgrund der nicht einfachen Bedingungen nicht um jeden Preis halten und lies den Lauf auf finnische Art etwas langsamer ausklingen. Mit einer durchschnittlichen 5:03 Pace konnte ich auch sehr gut leben. Viel motivierender war die Erkenntnis, dass es bis Kilometer 39 insgesamt ganz gut lief. Die Basis hierfür war offensichtlich eine kleine Gewichtsreduktion über die letzten Wochen und eine Ernährungsumstellung. Es fehlen aber noch ein paar längere Einheiten, um die Müdigkeit in den Beinen auf den letzten Kilometern besser wegzustecken. Das Fazit: an diesem Tag fühlte ich mich wie ein Finne, nämlich überglücklich, diesen Marathon in einer tollen Umgebung gefinisht zu haben!

Um das finnische Laufabenteuer abzurunden, besuchte ich noch das ehemaliges Wohnhaus von Paavo Nurmi (in der Straße Jarrumiehenkatu 4, Haus Nr. C, Wohnung Nr. 17). Außerdem schaute ich mir auch das Paavo Nurmi Stadion an, welches auf einer felsigen Anhöhe liegt. Es ist ein freizugängliches Areal mit einem Leichtathletikstadion, Fußballplatz, Tennisplätzen, Schwimmstadion, usw. Es ist unglaublich, wie sportbegeistert die Finnen sind. Die Anlage wird von vielen (insbesondere jungen) Menschen genutzt. Leider konnte ich mir den Wunsch nicht erfüllen ein paar Runden über die Tartanbahn zu laufen, denn es wurde grade eine neue Tartanbahn verlegt. In einem Gespräch mit einem Einheimischen habe ich erfahren, dass es Regularien gäbe, die nach 12 Jahren eine Erneuerung der Laufbahn erfordern, um hier weiterhin jährlich die hiesigen Paavo Nurmi Games austragen zu können - auch wenn sich die Laufbahn in einem supergepflegten Top-Zustand befand. Auch ein gepflegter und sauberer Eindruck von Turku und Finnland in Allgemeinem bleibt mir von meiner fast einwöchigen Reise in Erinnerung